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Ausgangspunkt des Forschungsvorhabens SchuLae bildet die angestrebte flächendeckende Einführung institutioneller Schutzkonzepte in pädagogischen Kontexten. Im Zuge eines durch Schutzkonzepte in Gang gesetzten Organisationsentwicklungsprozesses sollen Orte des Aufwachsens für Kinder und Jugendliche zu Schutz- und Kompetenzorten werden. Ob Schutzkonzepte tatsächlich zu einem Rückgang von Viktimisierungserfahrungen und einer erhöhten Bereitschaft zur Hilfe(suche) führen, wurde bislang nicht empirisch erfasst. Der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Verbund „SchuLae – Entwicklung und Wirkung von Schutzkonzepten in Schulen im Längsschnitt“ des Deutschen Jugendinstituts und der Hochschule Hannover untersucht daher die Wirksamkeit schulischer Schutzkonzepte sowohl quantitativ als auch qualitativ im Längsschnitt und fokussiert dabei die Perspektiven von Schüler*innen.
In der detaillierten Beschäftigung mit Quellen der Sozialen Arbeit zur Entstehung der Supervision in den 1960er Jahren legt dieser Beitrag den Fokus auf die auch in der sozialpädagogischen Geschichtsschreibung weithin unterdrückten religiösen Hintergründe. In der Beschäftigung mit den Rahmenbedingungen der Supervisionsausbildung an der katholischen Akademie für Jugendfragen in Münster kann gezeigt werden, wie eng katholische Milieus und Ethiken mit der Entstehung von Supervision im nordwestdeutschen Raum verbunden waren und was das für das frühe Verständnis von Supervision und ihre weitere Entwicklung bedeutete.
Junge Menschen of Color sind von Kriminalisierung betroffen. Dieser Artikel widmet sich der Frage, wie die Soziale Arbeit im Kontext institutioneller Fremdunterbringung durch die Ubiquität von nationalen Grenzen und durch Polizeipraktiken gerahmt wird. Es wird empirisch nachgezeichnet, dass Racial Profiling sich über ritualhafte Wiederholungen manifestiert. Es zeigt sich, dass der formale Charakter der sog. gefährlichen, als kriminogen klassifizierten Orte über informelle Polizeipraktiken auf Organisationen der Jugendhilfe übertragen wird.
Mein Beitrag versucht, die philosophischen und geschichtlichen Hintergründe eines zentralen Begriffs bei Saul D. Alinsky neu auszuleuchten, dem Begriff des Ressentiments. Alinsky, der Begründer des Community Organizing, hat bei der Organisation von Bürgergruppen versucht, vorhandene Ressentiments aufzulösen, indem er die zugrundeliegende Diskriminierungen artikulierbar macht, sie in politische Forderungen verwandelt, die schließlich in Verhandlungen umgesetzt werden. Er sah darin auch ein Verfahren, die Menschen vor falschen Agitatoren zu schützen.
Die Sozialarbeiterin Yildiz Sahinde Demirer hat mit anderen Frauen das Projekt „Erzählcafés für geflüchtete Frauen“ in Trägerschaft der Landeshauptstadt Hannover (2018 bis 2021) konzipiert und umgesetzt. In fünf Stadtteilen konnten sich die Frauen regelmäßig treffen und austauschen, sich beteiligen und kamen zu Wort. Ihre Arbeit bezeichnet Demirer als Gemeinwesenarbeit mit politischen und feministischen Schwerpunkten. Die wissenschaftliche Begleitung durch Rebecca Hassan und Joachim Romppel von der Hochschule Hannover führte zur Dokumentation und Auswertung des Modellprojekts. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) förderte das Projekt. Bemerkenswert sind die Erfolge dieser nonformalen Bildungsarbeit.
Der Heilberuf Pflege mit seinem am Zentralwert Gesundheit ausgerichteten gesellschaftlichen Mandat ist mit definierten Vorbehaltsaufgaben betraut und gesetzlich legitimiert. Pflegefachpersonen als Vertreter*innen der Berufsgruppe obliegt eine spezifische professionelle Verantwortung. Um ihrem gesetzlich definierten Auftrag in beruflicher Autonomie und Eigenverantwortung verlässlich zu entsprechen, verpflichten sich Pflegefachpersonen einem gemeinsam konsentierten und verbindlichen Berufsethos, das über Landesgrenzen hinaus weltweit akzeptiert ist: Der ICN-Ethikkodex ist international für 20 Mio. Pflegefachpersonen gültig und von den nationalen Kammern oder berufsständischen Vertretungen in 130 Ländern ratifiziert. Gesellschaftliche Entwicklungen und daran gebundene Innovations- und Transformationsbedarfe in der Pflege machen auch in Deutschland die dauerhafte Etablierung von Pflegekammern unausweichlich. Das Fehlen einer berufsständischen Vertretung der Pflege im Bereich der sozialrechtlichen Selbstverwaltung des Gesundheitswesens stellt ein Risiko für die Versorgungssicherheit und Versorgungsqualität der Bevölkerung dar. Die Aufgaben von Pflegekammern werden hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Relevanz und ihres professionsethischen Auftrags in Anlehnung an den Ethikkodex des International Council of Nurses (ICN) erläutert.
Entwicklung und Implementierung von Schutzkonzepten haben mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) im Juni 2021 in vielen Handlungsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe eine rechtliche Grundlage bekommen. Sexualisierte Gewalt ist dabei eine spezifische Herausforderung, die entsprechende Kompetenzen, Qualifikationen und Strukturen erfordert. Dem Jugendamt kommt hierbei eine Schlüsselfunktion zu. Hochproblematische Fallverläufe haben zuletzt verdeutlicht, dass diese Schlüsselfunktion einer kritischen Überprüfung und systematischen Stärkung bedarf. Es gilt insbesondere, die Themen Qualifizierung, Hilfeplanung und Schutzkonzepte zu fokussieren. Erforderlich sind praxisnahe und bedarfsgerechte Wissensbestände, eine Stärkung der professionellen Handlungskompetenz, die Weiterentwicklung organisationaler Strukturen sowie die Etablierung eigenständiger Qualitätsstandards. Das Verbundvorhaben „Fokus Jugendamt – Partizipativer Wissenstransfer zu Kooperation, Hilfeplanung und Schutzkonzepten im Kontext sexualisierte Gewalt (FokusJA)“ greift diese Desiderate mit einem Forschungs- und Transferansatz auf.
Der Bericht über die Mitgliederversammlung gliedert sich in vier Teile: Einen kurzen Bericht über die formalen Anteile der Versammlung (1), die kurze Vorstellung der mit dem Cora-Baltussen-Förderpreis ausgezeichneten Abschlussarbeiten (2), eine Paraphrase des Vortrags von Armin Nassehi (3) sowie eine kritisch-kommentierende Diskussion des Fishbowls über Führungskräfte in der klinischen Pflege (4).
Zu den Phänomenen digitalisierter Kommunikation ist inzwischen auch die Chatberatung zu zählen. Vor diesem Hintergrund zeigt sich die Notwendigkeit, Kommunikation via Chat phänomenologisch zu durchdringen, sozialtheoretisch einzuordnen und beratungsethisch kritisch zu reflektieren. Dies geschieht am Beispiel der Chatseelsorge, die zugleich von Beratung unterschieden wird.
Wohnungslose Menschen wurden systematisch diskreditiert und werden immer noch systematisch ausgegrenzt. Die Angebote für wohnungslose Menschen sind unzureichend und lückenhaft. Die besonderen Erfahrungen und Bedürfnisse der Betroffenen müssen besser als bisher berücksichtigt werden um bedarfsgerechtere Hilfen und Angebote zu gestalten. Hierfür ist die Einbeziehungen der Betroffenen in Planung und Ausgestaltung der Angebote systematisch und unbefristet zu fördern. Um den Interessen der Betroffenen Gehör zu verschaffen sind entsprechende Ressourcen bereitzustellen und Kommunikationswege zu eröffnen.
In den Frühen Hilfen und im Kinderschutz fehlen selektive und indizierte Präventionsmaßnahmen für Väter mit einem hohen Risiko für (wiederholte) Kindesmisshandlung. Das kanadische Caring Dads Programm wird seit 2008 in Deutschland eingesetzt. Ziel dieser Studie war es, Väter zu untersuchen, die bis 2016 an einem Caring Dads Programm in Düsseldorf, Hannover oder Groß-Gerau teilgenommen haben. Die Studie an n = 60 Vätern und n = 34 Müttern beinhaltete die Veränderungsmessung von selbstberichteter Aggressivität, Erziehungsverhalten und Co-Parenting der Väter sowie Lebensqualität und Co-Parenting der Mütter, den Vergleich von in Deutschland und Kanada teilnehmenden Vätern (n = 59/64) und eine postalische Katamnese (n = 20). Die Ergebnisse zeigen im Mittel Verbesserungen von väterlicher Aggressivität (d = .39) und Erziehungsverhalten (d = .80, normiert: φ = .46) sowie mütterlichem Co-Parenting (d = .46) und väterlichem Verhalten gegenüber der Partnerin aus Müttersicht (d = .47). Bei einem Viertel bis einem Drittel risikobelasteter Väter waren die Verbesserungen bei Kontrolle von Messfehlern mittels Reliable Change Index klinisch signifikant. Deutsche Väter berichteten eine höhere Änderungssensitivität (T1/T2: d = 1.37/1.59) und verbale Aggressivität (T1/T2: d = 1.29/1.36) verglichen mit kanadischen Vätern. Die Katamnese zeigt subjektiv bedeutsame Verbesserungen der Beziehungs- und Erziehungsqualität aus Vätersicht. Die Evaluation liefert keine Hinweise auf kulturbedingte Hürden bei der Implementierung von Caring Dads in Deutschland.
Cora Baltussen in den USA : Lernerfahrungen für die Supervision in den Niederlanden und Deutschland
(2021)
Cora Baltussen unternahm - wie zahlreiche europäische Sozialarbeitende - Anfang der 1950er Jahre eine 18-monatige Studienreise in die USA, um Casework und Supervision zu erlernen. Dieser Beitrag wertet ihren Summerreport von 1953 aus, der als Archivalie erhalten ist. So können ihre Lernerfahrungen in der historisch-kritischen Rekonstruktion kontextualisiert und in den Diskurs eingeordnet werden. Dabei werden erste Differenzierungen der frühen Supervisionsgeschichte ebenso sichtbar wie prägende Begegnungen und entstehende Netzwerke, die die Supervisionsentwicklung in Deutschland maßgeblich beeinflussten.
Die Mitgliederversammlung der Deutschen Gesellschaft für Supervision und Coaching e. V. (DGSv) stand 2020 äußerlich im Zeichen von Covid-19 und damit Social Distancing, inhaltlich im Zeichen der konsequenten Fortführung begonnener Strategie- und Modernisierungsprozesse des Berufs- und Fachverbandes. Gleichzeitig aktualisierten diese Prozesse die Identitätsfrage des Verbandes.
Der Essay skizziert die Ideengeschichte eines funktionalisierenden und optimierenden Coachingverständnisses und erschließt dafür Quellen, um damit einen Anstoß für weitere Forschungsarbeiten zu geben. Dabei ist der Beitrag nur eine erste diskursanalytische Annäherung, weil Coachingverständnisse hochgradig heterogen sind, für die frühe Geschichte der Supervision nur ein unzureichender Forschungsstand vorliegt, insbesondere in Hinblick auf ihre Ideengeschichte und die erschlossenen Quellen, und sich die Entwicklung nur in der Analyse der komplexen und vielsprachigen wissenschaftlichen und praktischen Austauschprozesse insbesondere zwischen den USA und dem westlichen Europa rekonstruieren lässt. Für die Forschung wurden zahlreiche Quellen zwischen 1950 und 1980 erschlossen. Es kann gezeigt werden, dass sich einzelne Konzeptbestandteile von Coaching bereits zwischen 1945 und 1975 im Diskurs um Praxisberatung und Supervision im Kontext der Sozialen Arbeit (Social Casework, Groupwork) nachweisen lassen. Offen bleibt, ob sich Coaching unabhängig davon oder darauf aufbauend entwickelt hat. Eine systematisierte Forschung zu diesen Zusammenhängen steht aus.
Angebote Kultureller Bildung im Kontext von Prävention arbeiten vor allem mit Jugendlichen, die im Sinne des Empowerment-Ansatzes gestärkt werden sollen, um gegen Rechtsextremismus einzutreten. Selten gibt es Projekte, die mit Jugendlichen arbeiten, die rechtsextreme Orientierungen aufweisen. Ausgehend von unterschiedlichen Dimensionen der Präventionsarbeit mit Jugendlichen in Radikalisierungsprozessen stellt der Beitrag mehrere Handlungsfelder der Kulturellen Bildung dar, in denen sich sowohl besondere Potenziale als auch Ambivalenzen der Jugendkulturarbeit mit rechtsorientierten Jugendlichen ergeben. Dabei zeigt sich, dass es für eine erfolgversprechende künstlerisch-pädagogische Arbeit mit rechtsorientierten Jugendlichen nicht nur eines besonderen milieuspezifischen Wissens über die Lebenswelt der rechtsextremen Szene bedarf. Diese Arbeit erfordert auch eine pädagogische sowie politische Haltung, die rechtsorientierte Jugendliche als Personen und Menschen mit Bedürfnissen, Träumen, Lebenszielen usw. anerkennt und mit einer milieuübergreifenden, diversitätsbewussten Perspektive die unterschiedlichen Wege und Faktoren, die zu einer „rechten Karriere“ führen können, in der jugendkulturellen Arbeit berücksichtigt, ohne die menschenverachtenden Weltbilder zu akzeptieren.
Der Artikel befasst sich mit der Zusammensetzung multiprofessioneller Teams in Beratungsstellen - bezogen auf die Grundprofessionen. Er zeigt auf, dass die Psychologie in der Geschichte der Beratungsstellen eine dominante Rolle im multiprofessionellen Gefüge übernommen hat, mit der Folge, dass bis heute um professionsspezifische Handlungsansätze der Sozialen Arbeit in der Beratung, sowie um ein gutes Verhältnis von Psychologie und Sozialer Arbeit gerungen werden muss. Es wird aufgedeckt, dass dieses Ringen auch im Umgang mit der empirisch nachgewiesenen, neuen quantitativen Dominanz der Sozialen Arbeit im multiprofessionellen Gefüge sichtbar wird und ein nur defizitorientierter, dominant psychologischer Blick darauf vermieden werden sollte.
»Digital(isiert)e« Beratung verspricht neben Innovation auch Flexibilität, Ubiquität, Globalität, Geschwindigkeit und Legitimität durch evidenzbasierte Wirksamkeit. Für eine sozialwissenschaftlich fundierte arbeitsweltliche Beratung wie Coaching und Supervision ist danach zu fragen, welches Menschen- und Weltbild sich hinter der Digitalisierung verbirgt und welche Anliegen sie transportiert. Dazu wird mit den Theorien Michel Foucaults der gegenwärtige Diskurs auf Steuerungslogiken und Machtverhältnisse hin kritisch analysiert. Dabei zeigt sich, dass die Digitalisierung das »Zeitalter der Gouvernementalität« (Foucault) festigt: Humanistisch geprägte Werte und Ziele wie Reflexion, Anerkennung und Selbsterkenntnis treten in den Hintergrund, während die Nutzbarmachung und Optimierung des Selbst sowie des Beratungsprozesses wichtiger werden: Beratung will und muss effizienzgetrieben ihre Wirksamkeit evidenzbasiert legitimieren, und Digitalisierung erleichtert dies.